Abschnitt I
Die Grundlagen
Artikel 1
(1) Berlin ist ein deutsches Land und zugleich eine Stadt.
(2) Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
(3) Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutsch-
land sind für Berlin bindend.
Artikel 2
Träger der öffentlichen Gewalt ist die Gesamtheit der Deut-
schen, die in Berlin ihren Wohnsitz haben.
Sie üben nach dieser Verfassung ihren Willen unmittelbar
durch Wahl zur Volksvertretung und durch Abstimmung,
mittelbar durch die Volksvertretung aus.
Die Vorschriften dieser Verfassung, die auch anderen Ein-
wohnern Berlins eine Beteiligung an der staatlichen Willens-
bildung einräumen, bleiben unberührt.
nach oben
Artikel 3
(1) Die gesetzgebene Gewalt wird durch Abstimmung und
durch die Volksvertretung ausgeübt.
Die Vollziehende Gewalt liegt in den Händen der Regierung
und Verwaltung, die richterliche Gewalt unabhängiger Ge-
richte.
(2) Volksvertretung, Regierung und Verwaltung einschließlich
der Bezirksverwaltungen nehmen die Aufgaben Berlins als
Gemeinde, Gemeindeverband und Land wahr.
nach oben
Artikel 4
(1) Berlin umfaßt die Bezirke Mitte, Tiergarten, Wedding,
Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg, Charlotten-
burg, Spandau, Wilmersdorf, Zehlendorf, Schöneberg,
Steglitz, Tempelhof, Neukölln, Treptow, Köpenick, Mar-
zahn, Lichtenberg, Weißensee, Reinickendorf, Pankow,
Hellersdorf und Hohenschönhausen.
(2) Jede Änderung seines Bedarfes der Zustimmung der
Volksvertretung. Eine Änderung der Zahl und der Grenzen
der Bezirke kann nur durch Gesetz vorgenommen werden.
Für Grenzänderungen von geringerer Bedeutung, denen die
beteiligten Bezirke zustimmen, kann durch Gesetz Abwei-
chendes bestimmt werden.
nach oben
Artikel 5
Berlin führt Flagge, Wappen und Siegel mit Bären, die Flagge
mit den Farben Weiß-Rot.
nach oben
Abschnitt II
Grundrechte und Staaatsziele
Artikel 6
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung der
staatlichen Gewalt.
nach oben
Artikel 7
Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persön-
lichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz
verstößt.
nach oben
Artikel 8
(1) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Un-
versehrtheit.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte
darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(2) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 24 Stun-
den darüber in Kenntnis zu setzen, von welcher Stelle und
aus welchem Grunde die Entziehung der Freiheit angeord-
net wurde.
Die nächsten Angehörigen haben das Recht auf Auskunft
über die Freiheitsentziehung.
Auf Verlangen des Verhafteten oder Festgenommenen ist
auch anderen Personen unverzüglich von der Verhaftung
oder Festnahme Kenntnis zu geben.
(3) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 48 Stun-
den dem zuständigen Richter zur Entscheidung über die
Haft oder Festnahme vorzuführen.
nach oben
Artikel 9
(1) Ein Beschuldigter kann sich in jeder Lage des Verfah-
rens des Beistandes eines Verteidigers bedienen.
(2) Ein Beschuldigter gilt nicht als schuldig, solange er
nicht von einem Gericht verurteilt ist.
nach oben
Artikel 10
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstam-
mung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politi-
schen Anschauungen oder seiner sexuellen Identität be-
nachteiligt oder bevorzugt werden.
(3) Frauen und Männer sind gleichberechtigt.
Das Land ist verpflichtet, die Gleichstellung und die
gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern
auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens
herzustellen und zu sichern.
Zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten sind Maß-
nahmen zur Förderung zulässig.
nach oben
Artikel 11
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt
werden.
Das Land ist verpflichtet, für die gleichwertigen Lebensbedin-
gungen von Menschen mit und ohne Behinderung zu sorgen.
nach oben
Artikel 12
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen
Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften haben
Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung.
(3) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht
der Eltern und die Ihnen obliegende Pflicht.
(4) Gegen den Willen eines Erziehungsberechtigten dürfen
Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie ge-
trennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten ihrem
Erziehungsauftrag nicht nachkommen.
(5) Wer in häuslicher Gemeinschaft Kinder erzieht oder für an-
dere sorgt, verdient Förderung.
(6) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und Für-
sorge der Gemeinschaft.
(7) Frauen und Männern ist es zu ermöglichen, Kindererzie-
hung und häusliche Pflegetätigkeit mit der Erwerbstätigkeit
keit und zur Teilnahme am öffentlichen Leben zu vereinba-
ren.
Alleinerziehende Frauen und Männer, Frauen während der
Schwangerschaft und nach der Geburt haben Anspruch
auf besonderen Schutz im Arbeitsverhältnis.
nach oben
Artikel 13
Den nichtehelichen Kindern sind durch die Gesetzge-
bung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und
seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesell-
schaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
nach oben
Artikel 14
(1) Jedermann hat das Recht, innerhalb der Gesetze
seine Meinung f r e i und
ö f f e n t l i c h zu
äußern, solange er die durch die Verfassung
gewährleistete Freiheit nicht bedroht oder verletzt.
(2) Jedermann hat das Recht, sich über die Meinung
anderer, insbesondere auch anderer Völker, durch
die Presse oder Nachrichtenmittel aller Art zu un-
terrichten.
(3) Eine Zensur ist nicht statthaft.
nach oben
Artikel 15
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches
Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Straftat
gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen
wurde.
(3) Niemand darf wegen der selben Tat auf Grund der
allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt seinen
Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.
Soweit andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist
der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2
des Grundgesetzes bleibt unberührt.
(5) Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem
gesetzlichen Richter entzogen werden.
nach oben
Artikel 16
Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldege-
heimnis sind unverletzlich.
nach oben
Artikel 17
Das Recht auf Freizügigkeit, insbesondere die freie Wahl des
Wohnsitzes, des Berufes und des Arbeitsplatzes, ist gewähr-
leistet, findet aber Grenzen in der Verpflichtung, bei Überwin-
dung öffentlicher Notstände mitzuhelfen.
nach oben
Artikel 18
Alle haben das Recht auf Arbeit. Dieses Recht zu schüt-
zen und zu fördern ist die Aufgabe des Landes.
Das Land trägt zur Schaffung und Erhaltung von Arbei-
tsplätzen bei und sichert im Rahmen des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts einen hohen Beschäfti-
gungsstand.
Wenn Arbeit nicht nachgewiesen werden kann, besteht An-
spruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln.
nach oben
Artikel 19
(1) Niemand darf im Rahmen der geltenden Gesetze an
der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder
öffentlicher Ehrenämter gehindert werden, insbeson-
sondere nicht durch sein Arbeitsverhältnis.
(2) Der Zugang zu allen öffentlichen Ämtern steht jedem
ohne Unterschied der Herkunft, des Geschlechts, der
Partei und des religiösen Bekenntnisse offen, wenn
er die nötige Eignung besitzt.
nach oben
Artikel 20
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung.
Das Land ermöglicht und fördert nach Maßgabe der Ge-
setze den Zugang eines jeden Menschen zu öffentlichen
Bildungseinrichtungen, insbesondere ist die berufliche
Erstausbildung zu fördern.
(2) Das Land Berlin schützt und fördert das kulturelle
Leben.
nach oben
Artikel 21
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Ver-
fassung.
nach oben
Artikel 22
(1) Das Land ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte die
soziale Sicherung zu verwirklichen.
Soziale Sicherung soll eine menschenwürdige und
eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglichen.
(2) Die Errichtung und Unterhaltung von Einrichtungen für die
Beratung, Betreuung und Pflege im Alter bei Krankheit, Be-
hinderung, Invalität und Pflegebedürftigkeit sowie für andere
soziale und karitative Zwecke sind staatlich zu fördern, un-
abhängig von ihrer Trägerschaft.
nach oben
Artikel 23
(1) Das Eigentum wird gewährleistet.
Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Ge-
setzen.
(2) Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit
auf gestzlicher Grundlage vorgenommen werden.
nach oben
Artikel 24
Jeder Mißbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrecht-
lich. Insbesondere stellen alle auf Produktions- und Marktbe-
herrschung gerichteten privaten Monopolorganisationen einen
Mißbrauch wirtschaftlicher Macht dar und sind verboten.
nach oben
Artikel 25
Das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten in der
Wirtschaft und Verwaltung ist durch Gesetz zu gewährleisten.
nach oben
Artikel 26
Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu ge-
setzlich zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet
zu versammeln.
Für Versammlungen unter freien Himmel kann dieses Recht
durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden.
nach oben
Artikel 27
(1) Alle Männer und Frauen haben das Recht, Vereini-
gungen und Gesellschaften zu bilden.
Vereinigungen dürfen keine Zwecke verfolgen oder Maß-
nahmen treffen, durch welche die Erfüllung von Aufgaben
verfassungsmäßiger Organe und öffentlich-rechlicher Ver-
waltungskörper gefährdet wird.
(2) Das Streikrecht wird gefährleistet.
nach oben
Artikel 28
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen
Wohnraum.
Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung, insbeson-
dere für Menschen mit geringem Einkommen sowie die
Bildung von Wohnungseigentum.
(2) Der Wohnraum ist unverletzlich.
Eine Durchsuchung darf nur auf richterliche Anordnung
erfolgen oder bei Verfolgung auf frischer Tat durch die
Polizei, deren Maßnahmen jedoch binnen 48 Stunden
der richterlichen Genehmigung bedürfen.
nach oben
Artikel 29
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die
Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Be-
kenntnisses sind unverletzlich.
Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(2) Rassenhetze und Bekundung nationalen oder reli-
giösen Hasses widersprechen dem Geist der Verfas-
sung und sind unter Strafe zu stellen.
nach oben
Artikel 30
(1) Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusam-
menleben der Völker zu stören, widersprechen dem
Geist der Verfassung und sind unter Strafe zu stellen.
(2) Jedermann hat das Recht, Kriegsdienste zu verwei-
gern, ohne dass ihm Nachteile entstehen dürfen.
nach oben
Artikel 31
(1) Die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen
stehen unter dem besonderen Schutz des Landes.
(2) Tiere sind als Lebewesen zu achten und vor vermeid-
baren Leiden zu schützen.
nach oben
Artikel 32
Sport ist ein förderungs- und schützenswerter Teil des
Lebens.
Die Teilnahme am Sport ist den Angehörigen aller Be-
völkerungsgruppen zu ermöglichen.
nach oben
Artikel 33
Das Recht des einzelnen, grundsätzlich selbst über die
Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten
zu bestimmen, wird gewährleistet.
Einschränkungen dieses Rechts bedürfen des Gesetzes. Sie
sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig.
nach oben
Artikel 34
Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft
mit anderen mit schriftlichen Anträgen, Anregungen
oder Beschwerden an die zustädigen Stellen, insbeson-
dere an das Abgeordnetenhaus, den Senat, die Bezirks-
verordnetenversammlungen oder die Bezirksämter, zu
wenden.
nach oben
Artikel 35
(1) Der Sonntag und die gesetzlichen Feiertage sind als Tage
der Arbeitsruhe geschützt.
(2) Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag.
nach oben
Artikel 36
(1) Die durch die Verfassung gewährleisteten Grundrech-
te sind für Gesetzgebung, Verwaltung und Recht-
sprechung verbindlich.
(2) Einschränkungen der Grundrechte sind durch Gesetz
nur insoweit zulässig, wenn sie nicht den Grundge-
danken dieser Rechte verletzen.
(3) Werden die in der Verfassung festgelegten Grund-
rechte offensichtlich verletzt, so ist jeder zum Wider-
stand berechtigt.
nach oben
Artikel 37
Auf die Artikel 14, 26, und 27 darf sich nicht berufen wer
die Grundrechte angreift oder gefährdet, insbesondere
wer nationalsozialistische oder andere totalitäre oder
kriegerische Ziele verfolgt.
nach oben
Abschnitt III
Die Volksvertretung
Artikel 38
(1) Das Abgeordnetenhaus ist die von den wahlberech-
tigten Deutschen gewählte Volksvertretung.
(2) Das Abgeordnetenhaus besteht mindestens aus 150 Ab-
geordneten.
nach oben
Artikel 39
(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, gehei-
mer und direkter Wahl gewählt.
(2) Parteien, für die im Gebiet von Berlin insgesamt weniger
als fünf von Hundert der Stimmen agegeben werden, erhal-
ten keine Sitze zugeteilt, es sei denn, dass ein Bewerber
der Partei einen Sitz in einem Wahlkreis errungen hat.
nach oben
Artikel 40
(1) Eine Vereinigung von mindestens fünf von hundert der ver-
fassungsmäßigen Mindestzahl der Abgeordneten bildet
eine Fraktion.
(2) Fraktionen nehmen unmittelbar Verfassungsaufgaben wahr,
indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbstän-
dige und und umabhängige Gliederungen der Volksvertre-
tung an deren Arbeit mitwirken und die palamentarische
Willensbildung unterstützen.
nach oben
Artikel 41
(1) Das Abgeordnetenhaus gibt sich selbst eine Geschäfts-
ordnung.
(2) Das Abgeordnetenhaus wählt für die Dauer der Wahlperio-
de aus seiner Mitte den Präsidenten.
nach oben
Artikel 42
(1) Das Abgeordnetenhaus wird durch den Präsidenten einbe-
rufen.
(2) Auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder oder des Se-
nats muss das Abgeordnetenhaus unverzüglich einberufen
werden.
nach oben
Artikel 43
(1) Das Abgeordnetenhaus ist beschlussfähig, wenn mehr als
die Hälfte der gewählten Abgeordneten anwesend sind.
(2) Das Abgeordnetenhaus beschliesst mit einfacher Stim-
menmehrheit.
nach oben
Artikel 44
(1) Das Abgeordnetenhaus wählt nach Bedarf Ausschüsse
aus seiner Mitte.
(2) Die Zusammensetzung der Ausschüsse sowie die Beset-
zung der Vorsitze ist nach den Grundsätzen der Verhält-
niswahl nach dem Höchstzahlverfahren (d'Hondt) vorzuneh-
men.
nach oben
Artikel 45
Das Recht des Abgeordneten, sich im Abgeordnetenhaus und
in den Ausschüssen durch Rede, Anfragen und Anträge an der
Willensbildung und Entscheidungspfindung zu beteiligen, darf
nicht ausgeschlossen werden.
nach oben
Artikel 46
Zum Schutz der Rechte der Bürger wird ein Ausschuss
des Abgeordnetenhauses eingerichtet, der über Pedi-
tionen entscheidet.
nach oben
Artikel 47
(1) Zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbe-
stimmung wählt das Abgeordnetenhaus einen Daten-
schutzbeauftragten.
(2) Das Nähere wird durch Gestz geregelt.
nach oben
Artikel 48
(1) Das Abgeordnetenhaus hat das Recht und auf Antrag
eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen
Untersuchungsausschuß einzusetzen.
(2) Die Untersuchungsausschüsse haben das Recht, Beweise
zu erheben.
nach oben
Artikel 49
(1) Das Abgeordnetenhaus und seine Ausschüsse können
die Anwesenheit der Mitglieder des Senats fordern.
(2) Der Senat ist zu den Sitzungen des Abgeordnetenhauses
und seiner Ausschüsse einzuladen.
nach oben
Artikel 50
(1) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus frühzeitig
und vollständig über alle seine Zuständigkeit fallenden Vor-
haben von grundsätzlicher Bedeutung.
(2) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus über Ge-
setzesvorhaben des Bundes.
nach oben
Artikel 51
(1) Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner
Abstimmung oder Äußerung in Ausübung seines Mandats
gerichtlich oder dienstlich oder sonst außerhalb des Abge-
ordnetenhauses zur Verantwortung gezogen werden.
Das gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) Jeder Abgeordnete hat das Recht, Angaben über Perso-
nen, die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter Mit-
teilung gemacht haben, und die Herausgabe von Schrift-
stücken zu verweigern, die ihm in seiner Eigenschaft als
Abgeordneter übergeben wurden.
nach oben
Artikel 52
Niemand darf wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die öf-
fentlichen Verhandlungen des Abgeordnetenhauses zur Ver-
antwortung gezogen werden.
nach oben
Artikel 53
(1) Die Abgeordneten erhalten eine angemessene Entschädi-
gung. Alles Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(2) Die Abgeordneten haben außerdem das Recht der freien
Benutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel, die sich im
Besitz von Berlin befinden.
nach oben
Artikel 54
(1) Das Abgeordnetenhaus wird unbeschadet der Vorschrift
für vier Jahre gewält.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann mit einer Mehrvon zwei
Dritteln seiner Mitglieder beschließen, die Wahlperiode
vorzeitig zu beenden
nach oben
Abschnitt IV
Die Regierung
Artikel 55
(1) Die Regierung wird durch den Senat ausgeübt.
(2) Der Senat besteht aus dem Regierenden Bürgermeister
und höchstens zehn weiteren Senatsmitgliedern.
nach oben
Artikel 56
(1) Der Regierende Bürgermeister wird mit der Mehrheit der
abgegebenen Stimmen vom Abgeordnetenhaus gewählt.
(2) Die Wahl des Bürgermeisters und der Senatoren erfolgt
auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters durch das
Abgeordnetenhaus.
nach oben
Artikel 57
(1) Der Senat bedarf des Vertrauens des Abgeordnetenhau-
ses.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann dem Senat und jedem sei-
ner Mitglieder das Vertrauen entziehen.
nach oben
Artikel 58
(1) Der Regierende Bürgermeister vertritt Berlin nach
außen.
(2) Der Regierende Bürgermeister bestimmt im Einver-
nehmen mit dem Senat die Richtlinien der Regie-
rungspolitik.
nach oben
Abschnitt V
Die Gesetzgebung
Artikel 59
(1) Die für alleverbindlichen Gebote und Verbote müssen
auf dem Gesetz beruhen.
(2) Gesetzesvorlagen können aus der Mitte des Abgeordneten-
hauses, durch den Senat oder im Wege des Volksbegeh-
rens eingebracht werden.
(3) Die Öffentlichkeit ist über Gesetzesvorhaben zu infor-
mieren.
Gesetzentwürfe des Senats sind spätestens zu dem Zeit-
punkt, zu dem betroffene Kreise unterrichtet werden, auch
dem Abgeordnetenhaus zuzuleiten.
(4) Jedes Gesetz muß in mindestens zwei Lesungen im Abge-
ordnetenhaus beraten werden.
Zwischen beiden Lesungen soll im allgemeinen eine Vorbe-
ratung in dem zuständigen Ausschuss erfolgen.
(5) Auf Verlangen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses
oder des Senats hat eine dritte Lesung stattzufinden.
nach oben
Artikel 60
(1) Gesetze werden vom Abgeordnetenhaus mit einfacher
Mehrheit beschlossen, soweit die Verfassung nichts
anderes bestimmt.
(2) Gesetze sind vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses
unverzüglich auszufertigen und sodann binnen 2 Wochen
vom Regierenden Bürgermeister zu verkünden.
(3) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des
Inkrafttreten bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung,
so treten sie mit dem 14. Tage nach Ablauf des Tages in
Kraft, an denen sie verkündet worden sind.
nach oben
Artikel 61
(1) Alle Einwohner Berlins haben das Recht, das Abge-
ordnetenhaus in Rahmen seiner Entscheidungszu-
ständigkeiten mit bestimmten Gegenständen der
politischen Willensbildung, die Berlin betreffen,
zu befassen.
Die Initiative muß von 90 000 volljährigen Einwohnern
Berlins unterzeichnet sein. Ihre Vertreter haben das
Recht auf Anhörung in den zuständigen Ausschüssen.
(2) Initiativen zum Landeshaushalt, zu Dienst- und Versor-
gungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffentlichen Unter-
nehmen sowie Personalentscheidungen sind
(3) Das Nähere regelt ein Gesetz.
nach oben
Artikel 62
(1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze
zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben, soweit das Land
Berlin die Gesetzgebungskompetenz hat.
Sie sind innerhalb einer Wahlperiode zu einem Thema nur
einmal zulässig.
Mit dem Volksbegehren muss ausgearbeiteter Gesetz-
entwurf vorgelegt werden.
(2) Der dem Volksbegehren zugrundeliegende Gesetzentwurf
ist vom Senat unter Darlegung seines Standpunktes dem
Abgeordnetenhaus zu unterbreiten.
(3) Volksbegehren können auch auf die vorzeitige Beendigung
einer Wahlperiode des Abgeordnetenhauses gerichtet sein.
(4) Ein Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn mindes-
tens zehn von hundert der zum Abgeordnetenhaus von
Berlin Wahlberechtigten innerhalb von 2 Monaten dem
Volksbegehren zugestimmt haben.
(5) Volksbegehren zur Verfassung, zum Landeshaushalt, zu
Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarife der
öffentlichen Unternehmen sowie Personalentscheidungen
sind unzulässig.
nach oben
Artikel 63
(1) Ist ein Volksbegehren zustande gekommen, so muss in-
nerhalb von vier Monaten über den Gesetzentwurf ein
Volksentscheid herbeigeführt werden.
Das Abgeordnetenhaus kann eigenen Gesetzentwurf zur
gleichzeitigen Abstimmung stellen.
Der Volksentscheid unterbleibt, wenn das Abgeordneten-
haus den begehrten Gesetzentwurf inhaltlich in seinem
wesentlichen Bestand unverändert annimmt.
(2) Ein Gesetz ist durch Volksentscheid angenommen, wenn
sich entweder mindestens die Hälfte der zum Abgeord-
netenhaus von Berlin Wahlberechtigten am Volksent-
scheidbeteiligt und die Mehrheit für das Gesetz stimmt
oder bei geringerer Stimmbeteiligung mindestens ein
Drittel der Wahlberechtigten für das Gestz stimmt.
(3) Der Volksentscheid über die vorzeitige Beendigung einer
Wahlperiode des Abgeordnetenhauses ist herbeizuführen,
wenn ein Fünftel der zum Abgeordnetenhaus von Berlin
Wahlberechtigten dem Volksbegehren zugestimmt hat.
Der Volksentscheid wird nur wirksam, wenn sich
midestens die Hälfte der Wahlberechtigten daran beteiligt
und die Mehrheit für die vorzeitige Beendigung stimmt.
(4) Der Präsident des Abgeordnetenhauses fertigt das
durch Volksentscheid zustande gekommende Gesetz aus;
der Regierende Bürgermeister verkündet es im Gesetz-
und Verordnungsblatt für Berlin.
(5) Das Nähere zum Volksbegehren und Volksentscheid,
einschließlich der Veröffentlichung des dem Volksent-
scheid zugrunde liegenden Vorschlages, wird durch
Gesetz geregelt.
nach oben
Artikel 64
(1) Durch Gesetz kann der Senat oder ein Mitglied des Se-
nates ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlas-
sen.
(2) Zur Festsetzung von Bebauungs- und Landschaftsplä-
nen können die Bezirke ermächtigt werden.
nach oben
Artikel 65
(1) Parallel zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse
in Berlin sollen Rechtsvorschriften, die bisher nur in Teilen
des Landes Berlin galten, durch Rechtsvorschriften ersetzt
werden, die im ganzen Land gelten.
(2) Soweit in überlieferten Rechtsvorschriften Zuständigkeiten
ausgesprochen sind, die nicht ohne weiteres einem Verfas-
sungsorgan zugeordnet werden können, gehen auf dem
Senat über.
nach oben
Abschnitt VI
Die Verwaltung
Artikel 66
(1) Die Verwaltung ist bürgernah im demokratischen und
sozialen Geist der Verfassung und den Gesetzen zu
führen.
(2) Die Bezirke sind an der Verwaltung nach den Grunsätzen
der Selbstverwaltung zu beteiligen.
nach oben
Artikel 67
(1) Der Senat nimmt durch die Hauptvervaltung die Aufgaben
war, die von gesamtstädtischer Bedeutung sind oder we-
gen ihrer Eigenart zwingend einer einheitlichen Durchfüh-
rung bedürfen.
(2) Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung
wahr.
nach oben
Artikel 68
(1) Den Bezirken ist die Möglichkeit zu geben, zu den grund-
sätzlichen Fragen der Verwaltung und Gesetzgebung Stel-
lung zu nehmen.
(2) Zu diesem Zweck finden regelmäßig mindestens einmal
monatlich gemeinsame Besprechungen des Regierenden
Bürgermeisters mit den Bezirksbürgermeistern statt.
(3) Das Nähere wird durch Gestz geregelt.
nach oben
Artikel 69
In jedem Bezirk wird eine Bezirksverordnetenversamm-
lung gewählt.
nach oben
Artikel 70
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung wird in allgemeiner,
gleicher, geheimer und direkter Wahl zur gleichen Zeit wie
das Abgeordnetenhaus von den Wahlberechtigten des
Bezirks gewählt.
(2) Die Bezirksverordnetenversammlung besteht aus 45 Mit-
gliedern.
nach oben
Artikel 71
Mit dem Ende der Wahlperiode des Abgeordnetenhau-
ses endet auch die Wahlperiode der Bezirksverord-
netenversammlungen.
nach oben
Artikel 72
Die Bezirksverordnetenversammlung ist Organ der bezirklichen
Selbstverwaltung.
nach oben
Artikel 73
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung setzt zur Mitwirkung
bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Ausschüsse ein.
(2) Nach näherer Bestimmung durch Gesetz können den Aus-
schüssen neben Mitgliedern der Bezirksverordnetenver-
sammlung auch Bürgerdeputierte angehören.
nach oben
Artikel 74
(1) Das Bezirksamt besteht aus dem Bürgermeister
und den Bezirksräten.
(2) Das Bezirksamt ist die Verwaltungsbehörde des
Bezirks.
nach oben
Artikel 75
(1) Die Organisation der Bezirksverwaltung wird durch
Gesetz geregelt.
(2) Der Bezirksbürgermeister untersteht der Dienst-
aufsicht des Regierenden Bürgermeisters.
nach oben
Artikel 76
Die Bezirksverordnetenversammlung kann mit zweidrittelmehr-
heit der Bezirksverordneten ein Mitglied des Bezirksamtes
vor Beendigung der Amtszeit abberufen.
Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
nach oben
Artikel 77
(1) Alle Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen im
öffentlichen Dienst erfolgen durch den Senat.
(2) Über Versetzungen aus einem Bezirk in einen anderen
kann der Senat auch entgegen einer Einigung der Beteilig-
ten nach deren Anhörung entscheiden.
nach oben
Abschnitt VII
Die Rechtspflege
Artikel 78
Die Rechtspflege ist im Gesit der Verfassung und des so-
zialen Verständnisses auszuüben.
nach oben
Artikel 79
(1) Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur
dem Gesetz unterworfene Gerichte im Namen des
Volkes ausgeübt.
(2) An der Rechtspflege sind Männer und Frauen aller Volks-
schichten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestim-
mungen zu beteiligen.
nach oben
Artikel 80
Die Richter sind an die Gesetze gebunden.
nach oben
Artikel 81
Das Recht der Begnadigung übt der Senat aus.
Er hat in den gesetzlich vorzusehenden Fällen den vom
Abgeordnetenhaus zu wählenden Ausschuss für Gnaden-
sachen zu hören.
Der Senat kann seine Befugnis auf das jeweilige zuständige
Mitglied des Senats übertragen.
nach oben
Artikel 82
(1) Die Berufsrichter werden vom Senat ernannt, wenn sie
nach ihrer Persönlichkeit und ihrer bisherigen Tätigkeit in
der Rechtspflege die Gewähr dafür bieten, dass im Geist
der Verfassung und sozialen Gerechtigkeit ausüben wer-
den.
Die gewälten höchsten Richter haben ein Vorschlagsrecht
für ihren Amtsbereich.
(2) Die Präsidenten der obersten Landgerichte werden auf Vor-
schlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehr-
heit seiner Mitglieder gewählt und vom Senat ernannt.
nach oben
Artikel 83
(1) Es wird ein Disziplinargerichtshof aus Berufsrichtern und
Laien gebildet; seine Mitglieder werden vom Abgeordneten-
haus gewält.
(2) Erfüllt ein Richter die Voraussetzungen seiner Ernen-
nung gemäß Artikel 82 nicht mehr oder verstößt ein
Richter gegen die Verfassung oder die Gesetze, so ist
beim Disziplinargerichtshof ein Verfahren gegen ihn
einzuleiten.
(3) Der Disziplinargerichtshof kann auf Amtsenthebung
erkennen.
(4) Alles Nähere wird durch ein Gesetz geregelt.
nach oben
Artikel 84
(1) Es wird ein Verfassungsgerichtshof gebildet, der aus neun
Mitgliedern besteht, von denen drei zum Zeitpunkt ihrer
Wahl Berufsrichter sind und drei weitere die Befähigung
zum Richteramt haben.
(2) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet:
1. über die Auslegung der Verfassung von Berlin aus Anlaß
von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte u. Pflichten
eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die
durch die Verfassung von Berlin oder durch die Geschäfts-
ordnung des Abgeordnetenhauses mit eigenen Rechten
ausgestattet sind,
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die
förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht
mit der Verfassung von Berlin auf Antrag des Senats oder
eines viertels der Mitglieder des Abgeordnetenhauses,
3. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die
Vereinbarkeit der im Gesetz geregelten Abgrenzung der
Zuständigkeitsbereiche zwischen der Hauptverwaltung
und den Bezirken mit der Verfassung von Berlin auf
Antrag eines Bezirks,
4. in den nach Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland der Zuständigkeit der Landes-
verfassungsgerichte zugewiesenen Fällen,
5. über Verfassungsbeschwerden, soweit nicht
Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungs-
gericht erhoben ist oder wird,
6. in den ihm sonst durch Gesetz zugewiesenen Fällen.
(3) Das Nähere wird durch ein Gesetz über den Verfassungs-
gerichtshof bestimmt.
nach oben
Abschnitt VIII
Das Finanzwesen
Artikel 85
(1) Alle Eingaben und Ausgaben müssen für jedes Rech-
nungsjahr in dem Haushaltsplan veranschlagt werden.
Er wird durch ein Gesetz festgestellt (Haushaltsgesetz).
Durch Gesetz kann eine Veranschlagung und Feststel-
lung für einen längeren Zeitabschnitt und in besonderen
Ausnahmefällen ein Nachweis von Einnahmen und Aus-
gaben außerhalb des Haushaltsplanes zugelassen wer-
den.
nach oben
Artikel 86
(1) Das Haushaltsgesetz bildet die Grundlage für die Verwal-
tung aller Einnahmen und Ausgaben.
(2) Haushaltmittel dürfen nur in Anspruch genommen werden,
soweit es eine sparsame Verwaltung erforderlich macht.
(3) Der Haushaltswirtschaft ist eine fünfjährige Finanzplanung
zugrunde zu legen.
Der Finanzplan ist dem Abgeordnetenhaus spätestens im
Zusammenhang mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes
für das nächste Haushaltsjahr vorzulegen.
nach oben
Artikel 87
(1) Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder
Abgaben erhoben werden.
(2) Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn andere
Mittel zur Deckung nicht vorhanden sind.
Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im
Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investi-
tionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig
zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts.
Das Nähere wird durch Gestz geregelt.
nach oben
Artikel 88
(1) Haushaltsüberschreitungen dürfen nur mit Zustimmung des
Senats im Falle eines unvorhergesehenen und unabweis-
baren Bedürfnisses vorgenommen werden.
(2) Für Haushaltsüberschreitungen ist die nachträgliche Ge-
nehmigung des Abgeordnetenhauses einzuholen.
(3) Erhebt der mit der Leitung des Finanzwesens beauftragte
Senator gegen eine Haushaltsüberschreitung Einspruch,
so ist ein Beschluß des Abgeordnetenhauses herbeizufüh-
ren.
(4) Für Haushaltsüberschreitungen in den Bezirken können
durch Gesetz entsprechende Regelungen getroffen werden.
nach oben
Artikel 89
(1) Ist der neue Haushaltsplan zu Beginn des neuen Rech-
nungsjahres noch nicht festgestellt, so ist der Senat zu
vorläufigen Reglungen ermächtigt, damit die unbedingt
notwendigen Ausgaben geleistet werden können, um be-
stehende Einrichtungen zu erhalten, die gesetzlichen Aus-
gaben und rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, Bauvor-
haben weiterzuführen und eine ordnungsgemäße Tätigkeit
der Verwaltung aufrechtzuerhalten.
Für den Bezirkshaushalt ist das Bezirksamt zu ergänzen-
den ermächtigt.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnah-
men aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder
die Betriebsmittelrücklage die Ausgaben gemäß Absatz 1
decken, darf der Senat die zur Aufrechterhaltung der Wirt-
schaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines
Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes
im Wege des Kredits flüssig machen.
nach oben
Artikel 90
(1) Vorlagen und Anträge über Maßnahmen, die eine Min-
derung der Einnahmen oder eine Erhöhung der Ausgaben
gegenüber dem Haushaltsplan zur Folge haben, müssen
vom Abgeordnetenhaus in zwei Lesungen beraten werden,
zwischen denen in der Regel 48 Stunden liegen sollen.
(2) Die Beschlüsse müssen Bestimmungen über die Deckung
enthalten.
nach oben
Artikel 91
Die Mitglieder des Senats und der Bezirksämter sowie die
übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die gegen die
Bestimmungen der Verfassung über das Finanzwesen schuld-
haft verstoßen, haften für den daraus entstandenen Schaden.
Eine Verpflichtung zum Schadensersatz ist jedoch nicht gege-
ben, wenn die Handlung zur Abwendung einer nicht vorausseh-
baren dringenden Gefahr erfolgte und die Verletzung der Vor-
schrift nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinaus-
gegangen ist.
nach oben
Artikel 92
Organisation, Verwaltung, Wirtschaftsführung und Rech-
nungswesen der nichtrechtsfähigen wirtschaftlichen Unter-
nehmen (Eigenbetriebe) werden durch Gesetz geregelt.
Das Rechnungswesen ist so einzurichten, daß ein
klarer Einblick in die laufende Betriebsführung und
die Ergebnisse möglich ist.
nach oben
Artikel 93
(1) Die Umwandlung von Eigenbetrieben und einzelnen Anla-
gen von bleibenden Wert in juristische Personen bedarf
eines Beschlusses des Abgeordnetenhauses.
(2) Die Veräußerung von Vermögensgegenständen wird durch
Gesetz geregelt.
nach oben
Artikel 94
(1) Im laufe der ersten neun Monate des folgenden Rech-
nungsjahres hat der Senat dem Abgeordnetenhaus über
Einnahmen und Ausgaben der Haushaltswirtschaft und
über Vermögen und Schulden Rechnung zu legen.
(2) Nach Prüfung der Haushalts- und Vermögensrechnung
durch den Rechnungshof beschließt das Abgeordneten-
haus über die Entlastung des Senats.
Es beschließt über einzuleitnde Maßnahmen und kann
bestimmte Sachverhalte ausdrücklich mißbilligen.
nach oben
Artikel 95
(1) Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz
unterworfene oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder be-
sitzen richterliche Unabhängigkeit.
(2) Der Rechnungshof wird von dem Präsidenten geleitet. Die-
ser wird auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus
mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt und vom Präsi-
denten des Abgeordnetenhauses auf Lebenszeit ernannt.
Der Präsident des Rechnungshofs untersteht der Dienst-
aufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von
Berlin.
(3) Der Rechnungshof prüft die Rechnungen (Artikel 94) sowie
die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesam-
ten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins.
Er berichtet darüber jährlich dem Abgeordnetenhaus und
unterrichtet gleichzeitig den Senat.
(4) Das Abgeordnetenhaus und der Senat können den Rech-
nungshof ersuchen, Angelegenheiten von besonderer Be-
deutung zu untersuchen und darüber zu berichten.
(5) Das Nähere wird durch Gestz geregelt.
nach oben
Abschnitt IX
Übergangs- und Schlußbestimmungen
Artikel 96
Zwischen Berlin und anderen Ländern können gemeinsame
Behörden, Gerichte und Körperschaften, Anstalten und Stif-
tungen des öffentlichen Rechts gebildet werden.
Die Vereinbahrung bedarf der Zustimmung des Abgeordneten-
hauses.
Mit dem Land Brandenburg oder einzelnen seiner Gebiets-
körperschaften können gemeinsame Behörden und Gremien
geschaffen werden, auf die durch Gesetz einzelne Befugnisse
zur Raumplanung und Flächennutzungsplanung übertragen
werden können.
Die Bestimmungen des Baugesetzbuches und des Raum-
ordungsgesetzes bleiben unberührt.
nach oben
Artikel 97
(1) Das Land Berlin kann ein gemeinsames Land mit dem
Land Brandenburg bilden.
(2) Ein Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg über
die Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes bedarf der
Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder
des Abgeordnetenhauses sowie der Zustimmung durch
Volksabstimmung nach Maßgaßgabe dieses Staatsver-
trages.
(3) Der Staatsvertrag kann vorsehen, daß
1. einzelne Befugnisse des Abgeordnetenhauses und
des Senats auf gemeinsame Ausschüsse und
Gremien der beiden Länder übertragen werden,
2. die Wahlperiode des Abgeordnetenhauses und die
Amtszeit des Senats mit der Bildung des gemein-
men Landes enden.
(4) Die Rechte des Abgeordnetenhauses bleiben unberührt.
(5) Das Nähere zur Reglung der Volksabstimmung bestimmt
ein Staatsvertrag.
nach oben
Artikel 98
Die zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus u.
zur Beseitigung ihrer Folgen erlassenen Rechtsvorschriften
werden von den Bestimmungen dieser Verfassung nicht be-
rührt.
nach oben
Artikel 99
Bis zum Ende der 13. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses
von Berlin soll das Bezirksamt auf Grund der Wahlvorschläge
der Fraktionen entsprechend ihrem nach dem Höchstzahlver-
fahren (d'Hondt) berechneten Stärkeverhälltnis in der Bezirks-
verordnetenversammlung gebildet werden.
Gemeinsame Wahlvorschläge von mehreren Fraktionen wer-
den bei der Wahl des Bezirksbürgermeisters unbeschadet der
Gesamtzusammensetzung des Bezirksamts wie Wahlvor-
schläge einer Fraktion angesehen.
Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
nach oben
Artikel 100
Änderungen der Verfassung erfordern eine Mehrheit von zwei
Dritteln der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses.
Ist die Verfassungsänderung auf eine Änderung der Artikel
62 und 63 gerichtet, so bedarf es zusätzlich einer Volksab-
stimmung.
nach oben
Artikel 101
(1) Diese Verfassung tritt, soweit in Absatz 2 nichts anderes
bestimmt ist, nach Zustimmung in einer Volksabstimmung
am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verord-
nungsblatt für Berlin in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Verfassung von Berlin vom 1. Septem-
ber 1950 (VOBl. I S.433), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 8. Juni 1995 (GVBl. S. 339), außer Kraft.
(2) Artikel 99 tritt mit dem Beginn der 13. Wahlperiode des
Abgeordnetenhauses von Berlin in Kraft.
(3) Artikel 55 Abs. 2 auf den bei Inkrafttreten der Verfassung
im Amt befindlichen Senat keine Anwendung.
nach oben
|